Mona Kim Bücher Das Gewicht der Leere Roman
Den Kopf in die Hände gestützt starrte Terence an die gegenüberliegende Wand, ohne etwas wahrzunehmen. Als Alice ihn sanft an der Schulter berührte, zuckte er zusammen. Ganz offensichtlich hatte er den Eintritt der Besucherin nicht bemerkt.
»Franka möchte dich sprechen«, teilte sie ihm mit.
Alice wusste schon lange, welche Gefühle Terence Franka gegenüber hegte. Und sie war sich sicher gewesen, Franka würde diese Gefühle früher oder später erwidern. Nun lag das für Alice nicht mehr so eindeutig auf der Hand, und das machte sie traurig.
Terence erhob sich, in seinem Blick las Alice Erstaunen, aber auch eine leise Hoffnung. Dann drehte er sich um und war verschwunden.
Franka war bis zum Hals zugedeckt. Außer den zerbissenen Lippen, auf denen das Blut schon verschorft war und sich schwarz gegen das bleiche Gesicht abhob, waren keine Verletzungen zu sehen. Sie blickte Terence entgegen, als er das Krankenzimmer betrat.
Er ließ sich in einigem Abstand von ihrem Bett auf einem der am Boden verankerten Sitze nieder.
»Ich möchte dir danken«, murmelte Franka. Ihre Stimme klang leise und heiser.
»Wofür? Ich bin zu spät gekommen!«
»Vielleicht hätte er mich umgebracht, wenn du nicht aufgetaucht wärst. Aber mein Dank ist nicht der einzige Grund, warum ich mit dir sprechen wollte.«
Terence schwieg. Er würde geduldig abwarten und dann jeden ihrer Wünsche erfüllen, das schwor er sich schon jetzt. Selbst wenn sie von ihm verlangen sollte, den Mann, der ihr all dies angetan hatte, umzubringen. Auch Franka blieb lange still. Es schien ihr schwer zu fallen, das, was sie ihm sagen wollte, in Worte zu fassen.
»Ich möchte dich um etwas bitten. Es ist eine ziemlich große Bitte und du musst sie ablehnen, wenn du das Gefühl hast, sie nicht erfüllen zu können. Du darfst auf keinen Fall aus Mitleid zustimmen. Es ist mir nicht damit gedient, wenn du nach kurzer Zeit bereust, darauf eingegangen zu sein.«
Wieder schwieg sie. Dann sagte sie zögernd und leise:
»Könntest du dir vorstellen, als mein Partner aufzutreten, wenigstens in der Öffentlichkeit? Ich habe Angst alleine. Wir könnten in eine der Wohneinheiten mit zwei Schlafzimmern ziehen. Wenn ich offiziell deine Partnerin bin, dann fühle ich mich sicherer. Aber ich kann dir nichts dafür bieten. Außer, dass wir die Verbindung natürlich sofort auflösen, wenn du eine andere Frau gefunden hast, mit der du zusammenziehen willst.«
Überrascht sah Terence Franka an. Das hatte er nicht erwartet. Eigentlich hatte er befürchtet, sie würde sich von allen Männern zurückziehen und sich in ihrer Wohneinheit verkriechen. Diese neue Idee aber konnte man nur als Flucht nach vorne bezeichnen. Nun verstand er, was der Psychologe in dem Gutachten mit dem Satz »... findet sich in außergewöhnlichen Situationen erstaunlich gut zurecht« gemeint hatte.
»Natürlich bin ich dazu bereit. Sobald du möchtest. Und du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dich nicht anfassen.«
Sie lächelte ihn zaghaft an.
»Danke! Du nimmst mir eine große Last von der Seele. Könnten wir das gleich in die Wege leiten? Ich möchte hier raus. Ich bin nicht krank.«
»Sicher! Ich hole dich ab, sobald alles bereit ist. Aber du solltest zuerst mit Reuben und Alice reden. Ich weiß nicht, ob sie erlauben werden, dass du schon aufstehst.«
Franka setzte sich auf und wollte aus dem Bett zu steigen.
»Sie werden es erlauben müssen. Ich komme gleich mit dir. Gehst du bitte kurz hinaus, während ich mich anziehe?«
Bevor Terence den Raum verließ, konnte er die Frage nicht unausgesprochen lassen: »Warum bin ich es, den du vor den Menschen als deinen Partner haben möchtest?«
»Weil du der Einzige hier bist, dem ich hundertprozentig vertraue!«
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