Das Gewicht der Leere - Kapitel 12


 Mona Kim Bücher Das Gewicht der Leere Roman

Franka hatte die Nacht schlaflos verbracht. Um fünf Uhr morgens stand sie auf, zog ihre Sportkleidung an und machte sich auf in Richtung Fitnessdeck.
Der gestrige Vorfall im Casino hatte sie aufgewühlt. Denn Muhammed war sicher nicht der Einzige, dessen Frauenbild von Religion und Erziehung solchermaßen geprägt war. Der kurze Wortwechsel hatte das deutlich gezeigt. Diejenigen, die für die Auswahl der Passagiere verantwortlich gewesen waren, hatten großen Wert darauf gelegt, auf dem Raumschiff überragendes Wissen und Können zu versammeln. Ganz bestimmt hatten sie auch auf psychische Stabilität und Integrationsvermögen der Menschen geachtet. Wohl aber nicht bedacht hatten sie, dass Menschen wie Muhammed mit gebildeten, emanzipierten, gleichberechtigten Frauen nichts anfangen konnten. Natürlich hatte er an der Universität von Kairo mit Frauen zusammengearbeitet. Aber zu Hause, da hatte er seine eigene Frau gehabt. Eine Frau, die ihm diente, die so erzogen worden war, wie es die Kultur eines islamischen Landes verlangte. Solche Frauen gab es hier auf dem Raumschiff nicht. Nur dem Mann zu dienen, das war hier einfach eine zu geringe Qualifikation, wo es doch nun auf möglichst umfassende Fähigkeiten ankam und Instinkte wie Sexualität und Fortpflanzung in den Hintergrund traten. Man hatte diesen zwischenmenschlichen Sektor dabei beileibe nicht vergessen: Schließlich waren ganz bewusst gebärfähige Frauen zwischen zwanzig und vierzig ausgewählt worden, und auch die Männer erfüllten die biologischen Voraussetzungen zur Zeugung von Nachkommenschaft. Aber dieser Eigenschaft war eben nicht die höchste Priorität beigemessen worden.
Franka war sich durchaus im Klaren darüber, wie weit von Gleichberechtigung entfernt auch im abendländischen Kulturkreis das Frauenbild vieler Erdenmänner gewesen war. Oder warum hatten sonst bei jeder Rezession die Rufe all jener so stark Gehör finden können, die verlangten hatten, berufstätige Frauen müssten auf ihren Job verzichten, wenn sie einen Ernährer zu Hause hatten? »Ein Job pro Familie!« war das Schlagwort der Partei gewesen, die damit den letzten Wahlkampf in Deutschland gewonnen hatte. Und wer diesen Job in der Familie innehatte, das war klar, ohne dass darüber noch groß Worte zu verlieren waren. Historisch gesehen hatte die Gleichberechtigung von Mann und Frau Mitte des einundzwanzigsten Jahrhunderts ihre Blüte erlebt, um danach wieder in einen Dornröschenschlaf zu sinken. Zwar war versucht worden, an den Errungenschaften dieser Hochphase mühsam festzuhalten. Weitere Fortschritte oder positive Entwicklungen hatte es aber nicht mehr gegeben. Im Gegenteil: Unter der Fahne der »Mütter der Welt« hatten sich Millionen von Menschen zusammengefunden, die die Frau wieder in Küche und Kinderzimmer verbannen wollten. Und Dreiviertel davon waren selbst Frauen gewesen!
Im Fitnessraum war außer Franka noch niemand. Um diese Zeit hatte sie auch nichts anderes erwartet. Sie stellte das Laufband auf ein ziemlich zügiges Tempo ein. Schwitzen war genau das, was sie jetzt dringend brauchte, Anstrengung, die alle unguten Gedanken aus dem Gehirn vertrieb. Bald hatte sie ihren Rhythmus gefunden. Sie konzentrierte sich auf gleichmäßige Atmung und auf den Bewegungsablauf. Nach und nach fiel sie in einen fast meditativen Zustand der inneren Versenkung. Deshalb war sie völlig überrascht, als das Band plötzlich stoppte. Franka hatte niemand kommen hören. Sie verlor das Gleichgewicht und stürzte, wobei sie sich schmerzhaft das Knie aufschlug. Als sie sich mühsam wieder aufrichtete, stand Jörg vor ihr.
»Spinnst du? Du kannst doch nicht einfach das Band abstellen!«, fauchte Franka.
Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Bis jetzt war sie nie mit Jörg alleine gewesen. Er hatte ihr aufgelauert, das war ihr sofort klar.
»Ich habe dich angesprochen, aber du hast nicht reagiert«, behauptete er.
Das war eine Lüge. Denn so konzentriert, dass sie eine direkte Ansprache nicht wahrgenommen hätte, war sie bestimmt nicht gewesen.
»Ich liebe dich, Franka, das weißt du! Ich verstehe ja, wenn du um deine frühere Familie trauerst, ich finde das sogar eine sehr liebenswerte Eigenschaft an dir. Aber jetzt solltest du dich langsam auf die Zukunft konzentrieren. Jeder hier muss sich einen Partner suchen, um zu überleben – und ich möchte dich haben.«
Er trat auf sie zu und legte seine Hände rechts und links neben ihrem Kopf an die Wand, an die Franka zurückgewichen war.
Sie versuchte es mit Ruhe und freundlichen Argumenten.
»Jörg, was soll das? Ich fühle mich geehrt, aber ich bin noch nicht so weit. Irgendwann werde ich mir vielleicht einen Partner suchen. Aber jetzt noch nicht. Und wer das dann sein wird, darüber habe ich noch nicht nachgedacht.«
»Darüber brauchst du auch gar nicht nachzudenken. Denn du gehörst mir. Ich werde dich keinem anderen überlassen. Schon gar nicht dem Nigger. Glaubst du, ich hätte nicht gesehen, wie er dich mit den Augen verschlingt?«
Jörg packte Franka mit beiden Händen im Nacken und presste seine Lippen auf ihre. Sie glaubte zu ersticken und öffnete zwangsweise den Mund, um Luft zu holen. Als sie seine Zunge in ihrer Mundhöhle spürte, wurde ihr übel. Verzweifelt versuchte Franka, ihm ein Knie zwischen die Beine zu rammen. Das gelang ihr jedoch nicht heftig genug, da er sich so fest an sie presste, dass sie seine Erektion spüren konnte. Jörg schrie auf und ließ kurzzeitig von Franka ab. Aber nicht lange genug. Das Laufband versperrte ihr den Fluchtweg. Jörg packte Franka an den Haaren und riss sie wieder an sich. Vor Schmerz schossen ihr die Tränen in die Augen, sie kreischte gellend auf. Erst als Franka ihren eigenen Schrei hörte, kam ihr der Gedanke, um Hilfe zu rufen, auch wenn die Chancen auf Rettung um diese frühe Uhrzeit schlecht standen. Während sich der große, schwere Mann auf sie stürzte, sie umwarf und dann mit seinem Gewicht auf den harten Boden drückte, kreischte und brüllte Franka. Jörg hatte ihre Handgelenke mit seiner linken Hand gepackt und riss ihr mit der rechten den Sportanzug auf. Während sie sich verzweifelt wehrte, saugte er grob und schmerzhaft an ihrer rechten Brustwarze. Franka roch seinen Schweiß und hörte sein erregtes Schnaufen. Neue Übelkeit stieg in ihr auf. »Ich ersticke!«, dachte sie entsetzt. Er riss ihr den Anzug noch ein Stück weiter auf, biss in ihre Brust. Durch den heftigen Schmerz fühlte sich Franka wie gelähmt. Verzweifelt presste sie ihre Beine zusammen, als sie dort Jörgs Hand spürte. Aber gegen sein Knie, mit dem er ihr die Beine auseinanderdrückte, hatte sie keine Chance.  Erst in diesem Augenblick wurde Franka klar, dass sie soeben vergewaltigt wurde. Bis zu dieser Sekunde hatte sie sich so etwas nicht vorstellen können. Zwar hatte sie darüber gelesen und solche grausamen Szenen in Filmen gesehen. Auch war eine von Frankas Studienkollegin auf dem Weg von der Universität nach Hause vergewaltigt worden. Aber doch nicht sie! Wie konnte ihr das passieren?
Franka war außerstande, sich zu rühren. Der Mann auf ihr wog vierzig Kilo mehr als sie. Sie hatte das Gefühl, unter dem schweren Körper zu ersticken. Ein Teil ihres Bewusstseins hatte abgeschaltet, nur noch die für das pure Überleben verantwortlichen Funktionen waren aktiv.
Als die schwere Last plötzlich mit einem Ruck von ihr gerissen wurde, schlug sie wild um sich. Dann verlor Franka das Bewusstsein.

Auch Terence hatte schlecht geschlafen. Eine halbe Stunde später als Franka betrat er den Fitnessraum. Eine halbe Stunde, für die er sich den Rest seines Lebens bittere Vorwürfe machen würde. Eine halbe Stunde, die er grübelnd im Bett verbracht hatte. Frankas Schreie hörte Terence bereits, ehe er die Tür geöffnet hatte. Danach dauerte es nur wenige Sekunden, bis er den Mann zurückgerissen und mit einem einzigen Karateschlag bewusstlos geschlagen hatte.
»Franka!«, stammelte er. »Großer Gott! Franka!«
Mit seinem Funkgerät rief er Reuben und Alice, die beiden Ärzte. Immerhin atmete Franka. Sie war nicht tot. Wilder, tödlicher Hass überfiel ihn, als er auf den bewusstlosen Jörg hinabstarrte. Terence griff nach einer der Hanteln. In diesem Augenblick stürmten Alice und Reuben herein, dicht dahinter Tom. Während sich die Ärzte um Franka kümmerten, nahm Tom Terence die Hantel aus der Hand.
»Davon wird es nicht besser, Ter«, sagte er sanft.
»Bringt sie in die Krankenstation!«, gebot Reuben. »Sie scheint nicht ernsthaft verletzt zu sein, aber das kann ich erst nach einer gründlichen Untersuchung feststellen.« Terence hob Franka hoch und trug sie in die Krankenstation, die sich auf demselben Stockwerk befand. Auf dem Weg begegneten sie dem Captain. Tom hatte ihn gerufen.
»Kümmere du dich um dieses Schwein«, presste Terence zwischen zusammengebissenen Zähnen ohne nähere Erklärung hervor. Einer solchen bedurfte es auch nicht. Der Zustand von Frankas Kleidung sagte dem Captain alles. Zusammen mit Tom schleppte er den immer noch bewusstlosen Vergewaltiger in eine Wohneinheit und sperrte ihn dort ein.
»Ich dachte, wir könnten das Problem heute Abend in den Griff bekommen, hatte gehofft, es wäre noch bis dahin Zeit. Da habe ich mich wohl gründlich geirrt. Dabei hätte ich das vorhersehen müssen: Broken Window!« Derek schlug sich mit der rechten Faust in die linke Handfläche.
»Broken Window?« Fragend sah Tom den Captain an.
»Das ist eine Theorie aus der Kriminologie. Wir mussten uns während der Ausbildung damit befassen, weil eine Meuterei oft dieser Gesetzmäßigkeit folgt. Ursprünglich wurde der Begriff im Zusammenhang mit einem Einbruchsdelikt geprägt. Stell dir vor, jemand läuft an einer luxuriösen Villa vorbei und sinniert darüber, warum diese Leute so reich sind und er so arm und wie ungerecht die Welt doch ist. Dann sieht er plötzlich, dass im Erdgeschoss der Villa ein Fenster eingeschlagen ist. Unter anderen Umständen wäre unser Passant nie auf die Idee gekommen, dort einzubrechen. Aber nun hat jemand bereits vor ihm für ein Broken Window gesorgt, und wenn er jetzt da einsteigt, dann ist das nicht mehr so schlimm. Durch das zerbrochene Fenster wird seine Hemmschwelle herabgesetzt. In unserem Fall hat der gestrige Übergriff Muhammeds die Hemmschwelle für Jörg herabgesetzt. Die anschließende Reaktion einiger anderer Männer hat Jörg zusätzlich noch darin bestärkt, sein Begehren als gerechtfertigt zu empfinden. Tom, was sollen wir machen? Welche Möglichkeiten haben wir, so einen Vorfall in Zukunft zu verhindern?«
Tom schüttelte ratlos den Kopf. Im Augenblick hätte er große Lust dazu, Jörg kurzerhand den Hals umzudrehen, Broken Window hin oder her. Vielleicht hätte er Terence zu seiner Affekthandlung mit der Hantel ermutigen sollen, anstatt ihn davon abzuhalten. Wie konnten sie Franka in Zukunft zumuten, in einer Umgebung zu leben, wo sie jederzeit diesem Menschen begegnen konnte? Wäre es möglich, ihn für den Rest seines Lebens eingesperrt zu lassen?
Auf der Krankenstation erfuhren Tom und Derek nicht viel Neues. Alice blieb bei Franka. Die Männer begaben sich an ihre Tagesarbeit. Keiner verspürte die geringste Lust auf ein Frühstück.

Terence saß zwar an seinem Schreibtisch, aber er arbeitete nicht. »Wäre ich nur eine halbe Stunde früher aufgestanden!«, warf er sich ein ums andere Mal vor. Seit er Franka damals bei Futura 3000 aus ihrem Hotelzimmer abgeholt hatte, war sie ihm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Er konnte all das auswendig, was in ihrer Personalakte gestanden hatte, glaubte inzwischen, Victor, Philippa und Valerie, ja sogar den Hund Sindbad persönlich zu kennen. Als er Franka damals zu der Rakete führte, wusste er genau, sie würde ihre Familie nie mehr wiedersehen. Aus dem psychologischen Profil, das ebenfalls der Akte beigefügt war, war ihm außerdem bekannt, dass Franka sich dafür entschieden hätte, mit ihrer Familie zu sterben, hätte man sie vor die Wahl gestellt. Franka war der Grund, warum er bis jetzt jeder Frau auf dem Raumschiff aus dem Weg gegangen war. Er wollte warten, bis Franka ihre Vergangenheit überwunden hatte und zu einer neuen Bindung bereit war. Und wenn sie sich dann für einen andern Mann entscheiden sollte, dann hatte er eben Pech gehabt. Dieses Risiko war er bereit einzugehen. Doch nun standen sie wieder ganz am Anfang, nein, es war noch schlimmer. Auf lange Zeit, wenn nicht für immer, würde Franka von Männern nichts wissen wollen. Er konnte froh sein, wenn sie seine Freundschaft tolerierte.
Er hätte Jörg ohne Weiteres umgebracht, aber natürlich wäre das keine Lösung gewesen. Jetzt, zwei Stunden später, war er Tom für sein Einschreiten dankbar. Terence war kein Mörder. Über Jörgs Schicksal mussten alle gemeinsam entscheiden, genauso wie über das von Muhammed und all derer, die noch nach ihnen kommen würden. In der Nacht hatte Terence über nichts anderes als die quälende Frage nachgedacht, wie sich der Konflikt zwischen sexueller Begierde und einer Möglichkeit der Erfüllung lösen ließe. Eigentlich gab es keinen Ausweg, zumindest keinen kurzfristig greifenden. Jahrelange Umerziehung wäre nötig, um bei einigen Männern und durchaus auch Frauen das Missverhältnis zwischen einem positiven körperlichen und psychischen Bedürfnis und dem völlig übersteigerten Glauben an die absolute Notwendigkeit sexueller Betätigung zu tilgen. Was hatten sie da auf dem Raumschiff, in diesem hermetischen Umfeld, für nachhaltig wirksame Möglichkeiten? Bestrafung war notwendig, hatte aber noch selten eine abschreckende Wirkung gezeigt. Für Terence stand der Schutz der Opfer, auch der möglicherweise zukünftigen, im Vordergrund. Recht und Gesetze waren in ihrem neuen, erdenfernen Lebensumfeld bedeutungslos. Es gab außer ihnen selbst niemanden, der sie zur Rechenschaft ziehen würde. Eine so kleine Gemeinschaft musste sich auf jedes einzelne ihrer Mitglieder verlassen können. Konnten sie Jörg jemals wieder trauen? Bedauerte er seine Tat? Oder war er immer noch der Meinung, im Recht zu sein? Und nicht zuletzt: War es Franka zuzumuten, ihm täglich zu begegnen? Das Schiff war zu klein, um sich aus dem Weg zu gehen. War nicht schon allein diese Notwendigkeit zu viel für Franka? Was, wenn sie sich in ihrer Wohnung verschanzte aus Angst, ihrem Vergewaltiger zu begegnen, während dieser frei und ungehemmt sein Leben lebte? Und Muhammed? Wie weit wäre er gegangen, wenn nicht zufällig genügend Personen anwesend gewesen wären, um ihn zu stoppen? Was könnte geschehen, wenn sie sich zusammenrotteten, all diejenigen, die der Meinung waren, es sei ihr angestammtes Recht, eine Frau zur freien Verfügung zu haben?
Terences Kopf schmerzte. Er fühlte sich elend. Obwohl es Mittag war, verspürte er nicht den geringsten Hunger. Entgegen der Befürchtung, seine Gegenwart könnte unerwünscht sein, lenkte er seine Schritte zur Krankenstation. Vielleicht ließ sich etwas über Frankas Zustand erfahren. Derek hatte wohl dieselbe Idee gehabt. Sie riefen Alice heraus. Unaufgefordert wollten sie die Station nicht betreten.
»Wie geht es Franka?«, fragte Derek.
»Woher soll ich das wissen? Ich bin noch nie vergewaltigt worden. Bis jetzt jedenfalls nicht. Das kann sich aber ziemlich schnell ändern, scheint mir. Meine Fantasie reicht nicht aus, mir das vorzustellen. Ich möchte den Kerl umbringen, und ich sage euch eines: Wenn er zu billig davonkommt, dann mache ich euch Ärger. Gewaltigen Ärger. Ich werde alle Frauen mobilisieren!«
Alice kochte vor Zorn. Derek legte ihr begütigend die Hand auf den Arm.
»Ich habe Franka nicht vergewaltigt, auch die anderen Männer haben das nicht getan. Genauso wie du verurteile ich diese Tat. Wirf uns also bitte nicht alle in einen Topf. Jörg wird bestraft werden, das verspreche ich dir!«
»Bist du dir sicher, dass du nicht nur so denkst, weil du Melanie hast? Wer weiß, vielleicht hättet ihr für Jörg plötzlich Verständnis, wenn nicht jede Nacht eine Frau neben euch liegen würde! Du und Tom und all die anderen, die es geschafft haben, sich rechtzeitig die Rosinen aus dem Kuchen zu picken.«
Alice wusste, wie ungerecht sie war. Sie brauchte aber dieses Ventil, um ihren Zorn und ihre Verzweiflung, die aus dem Bewusstsein ihrer Ohnmacht entsprangen, loszuwerden.
»Ich habe nachts keine Frau neben mir, und ich wünschte, ich hätte den Kerl gleich umgebracht!«, antwortete Terence an Dereks Stelle.
»Du! Du liebst Franka ja auch! Oder hat sich das jetzt geändert? Willst du sie jetzt vielleicht gar nicht mehr haben, nachdem sie so beschmutzt und gedemütigt wurde?«
»Alice! Jetzt reicht es!« Nun wurde Derek zornig.
Er verstand Alice, aber Terence war nun wirklich nicht die richtige Adresse für ihren Zorn. Doch Alice hatte schon selbst bemerkt, dass sie zu weit gegangen war.
»Es tut mir leid, Ter! Im Augenblick habe ich einfach das Bedürfnis, um mich zu schlagen, und es ist mir egal, wen ich dabei treffe. Nimm es mir bitte nicht übel! Ich weiß, was dir Franka bedeutet.«
»Wie geht es Franka rein körperlich? Kannst du uns wenigstens das sagen?«, fragte Terence anstelle einer Erwiderung auf ihre Entschuldigung.
»Sie hat nichts Lebensbedrohliches. Ein aufgeschlagenes Knie, zerbissene Lippen, Blutergüsse am ganzen Körper, eine verletzte rechte Brust und Abschürfungen an der Scheideninnenwand. Das meiste hast du ja selbst gesehen. Abgesehen davon spricht sie nicht. Außerdem weigert sie sich, irgendwelche Medikamente zu nehmen und sich mit Irina zu unterhalten.«
Derek und Terence wandten sich zum Gehen.
»Komm um fünf zu mir«, bat Derek noch. »Ich würde gerne im Vorfeld schon im kleinen Kreis die Probleme besprechen. Wenn du Franka nicht alleine lassen willst, beauftrage bitte jemand anderen, währenddessen bei ihr zu bleiben. Und Irina bringst du am besten auch mit.« 

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